Spaziergang durch Lindau

Im oder am Bodensee? Diese Frage stellt man sich zurecht in Lindau, der südwestlichsten Stadt des Freistaats Bayern, in der aufgrund der Historie trotzdem feinstes Schwäbisch geschwätzt wird. 

Insgesamt leben 25 000 Menschen in der Stadt Lindau und davon 3 000 auf der Insel. Daher befindet sich die Stadt sowohl im, als auch am Bodensee – was sie zu einem Touristenmagnet macht.

Wir beginnen unseren Spaziergang am Europaplatz – auf dem Festland – um wenige Meter weiter über die Chelles-Allee auf die Insel zu laufen. Durch die extreme Nähe zu Österreich eröffnet sich zu unserer Linken direkt der Blick auf den Hausberg von Bregenz, den Pfänder. Hier wird einem direkt klar, welch exponierte Lage Lindau besitzt und auf welch wunderbare Panoramen man sich einstellen kann.

Nach der Brücke halten wir uns entlang des Bodenseeufers links und biegen so in den Stadtgarten der Inselstadt ein. Hier kommen wir direkt an der Spielbank von Lindau vorbei. Seit mehr als 20 Jahren ist das Casino in dem modernen, viergeschössigen Rundbau untergebracht, der aufgrund seiner Form an einen Jeton erinnert.  Rings um die Spielbank lockt der Lindauer Stadtgarten mit Bänken direkt am Wasser ein – doch wir wollen erstmal mehr von der Stadt sehen und biegen daher wenige Meter weiter in die Kaserngasse ein, an deren Ecke wir direkt ein wunderbares Naturkostgeschäft entdecken. Wir schätzen regionale Produkte und freuen uns umso mehr, bei Naturell Naturkost die tollen Bienenwachstücher von Little Bee Fresh zu finden.

Nach dem kleinen Zwischenstopp schlendern wir die Fischergasse entlang – bis wir neben dem putzigen Eisladen ‚Kleines Café‘ einen niedrigen Durchgang zur sogenannten Gerberschanze entdecken. Diese hat ihren Namen von der ehemaligen Gerberzunft, die ihre Felle entlang des Bodenseeufers trockneten. Außerdem diente die Gerberschanze als Teil des Verteidigungsgürtels der Insel Lindau während des dreißigjährigen Krieges. Heute befindet sich hier ein erhöhter Aussichtspunkt – an dessen Eck sogar Kiwis wachsen – und eine kleine Badebucht. 

Da wir schon etwas hungrig sind, kehren wir der Schanze den Rücken und laufen zum nahegelegenen Café Augustin. Dieses Café ist eine bunte Mischung aus Buchladen und Esszimmer – ein großes Durcheinander mit viel Charme und leckeren, selbstgemachten Kuchen. Da wir unseren Spaziergang durch Lindau im Herbst gemacht haben, gehört bei dieser Einkehr natürlich Zwiebelkuchen und ein Viertele dazu.

Gestärkt geht es nun die Fischergasse weiter, um direkt nach ein paar Metern die Marionettenoper von Lindau zu entdecken. Diese ganz besondere Oper ist fester Bestandteil des Stadttheaters Lindau, hat 500 verschiedene Puppen im Repertoire und das Programm besteht aus 8 Opern, 2 Operetten und einer Ballett-Vorführung.

Ein bisschen abseits vom Ufer vermisst man das Wasser wieder – daher machen wir uns schnell auf den Weg zum Hafen von Lindau, dessen Einfahrt eines der wohl bekanntesten Fotomotive des Bodensee ist. Über die Römerschanze, die neben dem Yachthafen liegt, gelangt man direkt zur Lindauer Hafeneinfahrt, die von dem Bayerischen Löwen und dem Neuen Leuchtturm gesäumt wird. Beide Bauwerke lassen sich nicht nur von der Ferne betrachten – auf beiden Seiten der Hafeneinfahrt führen Molen zu den Bauwerken. Den sechs Meter hohen und 50 Tonnen schweren Löwen aus Sandstein erreicht man beispielsweise über die Löwenmole – auf dem Weg dorthin kommt man am ‚Kiosk zum Römus‘ vorbei, wo man sich ganz ungezwungen Getränke holen kann und diese direkt am Hafen genießen. Der gegenüberliegende Leuchtturm, der 1856 fertiggestellt wurde, ist einer der wenigen, der eine Uhr in der Fassade integriert hat. Je nach Wetterlage und Besucherfrequenz ist die Aussichtsplattform des Turmes über 139 Stufen zu erklimmen.


Auch der Mangturm im Lindauer Hafen ist ein beliebtes Fotomotiv – und besonders wenn der sechs Meter lange Rapunzelzopf aus einem der kleinen Fenster hängt. Wenn das der Fall ist, ist wieder Märchenstunde im Mangturm und gegen Abend können Erwachsene verschiedenen Märchenklassikern lauschen.

Während wir uns von der Hafeneinfahrt entfernen und das baldige Areal der Gartenschau 2021 begutachten wollen, fällt uns ein Restaurant zwischen Bahnhof und Hafen auf, das sich in einem denkmalgeschützten Veranstaltungsraum befindet: die Eil.Gut.Halle. Zu dem kulinarischen Erlebnis können wir hier nichts sagen, aber die auf zwei Etagen in Szene gesetzten Oldtimern haben einen großen Eindruck bei uns hinterlassen. Wenige Gehminuten weiter sind wir wieder baff – und zwar als wir vor den Toren des ‚Bahnhof 5‘ stehen. Hierbei handelt es sich um einen großen Lagerverkauf für Gartendekoration. Man kommt sich vor wie einer verwunschenen Traumwelt, die aus großen Büsten, Keramiken und Porzellan in alten Bahnhofshallen besteht. Nachdem wir hier etwas gestöbert haben, laufen wir über den Bahnhof in die Innenstadt, um durch die kleinen Gassen parallel zur Maximiliansstraße, der Haupteinkaufsstraße des Städtchens, zu schlendern. Lindau hat einen ganz wunderbaren Charme, der aufgrund der Architektur und den Häusernamen teilweise auch an die Altstadt von Konstanz erinnert. 

Ein weiteres, künstlerisches und architektonisches Highlight ist das Alte Rathaus von Lindau, das 1422 im gotischen Stil erbaut wurde. Die beeindruckende Fassadenmalerei zeigt neben biblischen Motiven (wie den zehn Geboten) auch einige lokale Themen.


Da es langsam dämmert und unsere Mägen anfangen zu knurren, treten wir den Heimweg an und werfen noch einen kurzen Blick auf die Fassade des ‚Haus zum Cavazzen‘ und in das Münster ‚Unserer Lieben Frau‘ - um abschließend den Sonnuntergang auf der Brücke zwischen Insel und Festland zu genießen.

Lindau am Bodensee ist mit seiner Insel definitiv einen Ausflug wert.